Nachlese | 26.07.2023

"Rund Bornholmchen"

Zwei Schiffe mit RSVM-Besatzungen ...

... bei der Langstreckenregatta „Rund Bornholm“ im Rahmen der Warnemünder Woche: Skipper Lutz hatte sich besonders viel Mühe gegeben, ein schönes und insbesondere schnelles Schiff zu chartern. Er, Gerald, Knut, Klaus, Max, Andreas und ich waren schwer begeistert, als wir die Happy Hour, eine Arcona 435, in Damp übernahmen.

Ein weiteres Charterschiff mit RSVM-Beteiligung unter Skipper Heiko mit Dirk und den befreundeten Ruppiner Seglern lag bereits in Hohe Düne startklar. Eigentlich hätten wir bis zum Start vor Warnemünde am Montag um 12:00 Uhr reichlich Zeit gehabt, die Überfahrt nach Warnemünde entspannt anzugehen. Aber die Windprognosen sagten zunehmende stürmische Winde voraus, und vor Eintritt dieser Wetterlage wollten wir unbedingt in der Veranstaltungsmarina „Hohe Düne“ festgemacht haben. Und so ging es gleich am Samstag früh um 05:30 Uhr los, um von Damp nonstop nach Warnemünde zu segeln, immerhin fast 90 Seemeilen. Und diese Überfahrt war schon eine Herausforderung. Nicht unbedingt wegen des stark auffrischenden Windes.

Den starken Regen, der gefühlt mehr oder weniger immer dabei war, konnte man sich mit dem „Peeling-Effekt“ für die Haut nicht mehr schönreden. Nach einem ausführlichen Segeltag in Hohe Düne angekommen, kannten wir die Unterschiede von BR1 und BR2 genau, wir hatten eine Menge Sachen zu trocknen… Und dazu hatten wir dann am Sonntag auch reichlich Zeit. Wegen des Sturms vor Warnemünde war an Segeln nicht zu denken. Und diese Wetterlage war auch mindestens für Montag vorhergesagt. Danach solle es weniger stürmisch werden.

Zur Eröffnungsveranstaltung am Sonntagabend verkündete die Wettfahrtleiterin, dass man an dem Zeitplan festhalten werde und überhaupt alles in eigener Verantwortung der Segler passiert. Es waren vielleicht 5 oder 6 Skipper, auch Lutz und Heiko, die umgehend das Gespräch mit den Wettfahrtoffiziellen suchten und ausführlich und konstruktiv Alternativen zum geplanten Wettfahrtablauf einbrachten. Das Ergebnis wurde etwa eine Stunde später offiziell verkündet: Startverschiebung auf Dienstag ab 12:00 Uhr und ein deutlich kürzerer Kurs von ca. 100 Seemeilen. Dieser verkürzte Kurs „Rund Bornholmchen“ mit Start und Ziel vor Warnemünde war mit der Rundung bestimmter Fahrwassertonnen oberhalb von Rügen anstelle der Bornholm-Inselrundung vorgegeben. Das sollte, im Hinblick auf die Wettervorhersage, insbesondere für Mittwoch nun machbar sein.

Den Start am Dienstag konnten wir als gelungen bezeichnen. Und mit Wind aus Süd-West waren wir zügig unterwegs, zeitweise brachte uns der 150 m²-Genacker gut voran. Durchziehende Regen- und auch Gewitterfronten parierten wir mit entsprechendem Segel reffen Zeit konform. Wir waren guten Muts, die Stimmung an Bord war prima. Bereits nach ungefähr 6 Stunden achterlicher bzw. raumer Windrichtung kam es zur letzten Rundungsmarke. Ab hier sollte es jetzt hart gegen den Wind zurück nach Warnemünde gehen.

Bei Wind um 25 Knoten hatten wir das Großsegel anständig gerefft und auch die Fock ein gutes Stück eingerollt. Wir waren nicht wirklich lange auf der Kreuz unterwegs, als Skipper Lutz einen handgroßen Riss inmitten der Fock bemerkte. Kaum ausgesprochen, war der Komplettriss auch schon vollzogen. Da half nur noch Fock-Einrollen, zumindest die wehenden Fock-Fetzen. Was war nun am besten zu tun? Knapp 50 Seemeilen gegen den Wind ohne Fock? So entschieden wir uns, erst einmal Barhöft anzulaufen. Raus aus Wellen und Wind, die Fockreste ordentlich bergen und die Starkwindphase abwarten. In Hafen von Barhöft angekommen, machten wir das Schiff am Steg fest und nahmen die „Fock“ runter. Die Kontaktaufnahme mit der Charterbasis war erfolgreich: morgen früh würde man jemanden suchen, der uns eine neue Fock bringen könnte. Das Rennen schien gelaufen. Wir gehörten jetzt auch zu den Teilnehmern, die aufgeben mussten, der Zieleinlauf „Rund Bornholmchen“ vor Warnemünde sollte wohl ohne uns sein!

So konnten wir es entspannt angehen. Zum Essen waren wir in der Wettfahrt nicht gekommen, da war schnell der Plan gefasst, in die Hafenpizzeria einzukehren – noch schnell vor dem Küchenschluss für jeden eine Pizza. Barhöft liegt wirklich sehr idyllisch und windgeschützt. Doch der Blick auf Windfinder ließ uns erkennen, der Wind nahm tatsächlich deutlich ab und sollte auf Süd, vielleicht sogar auf Süd-Ost drehen. Das war unsere Chance! Wenn es optimal läuft, könnten wir ohne Fock und mit eher raumen Wind Warnemünde erreichen. Und in einem Hafen abzuwettern, war im Reglement der Regatta ausdrücklich erlaubt. Also schnell das Schiff klargemacht und wieder raus durch die vor Barhöft schmal ausgetonnte Fahrwasserstraße bis auf die offene Ostsee. Und es funktionierte: Bei deutlich weniger „Druck in der Luft“ konnten wir bei vollem Großsegel und einem Anlieger nonstop das Ziel vor Warnemünde erreichen.

Von 17 Startern waren wir mit Platz 12 die Letzten im Ziel. Die Wettfahrtleitung applaudierte für uns am Ziel. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich über ihren Feierabend freuten oder die Tatsache, dass wir nicht verloren gegangen waren. Wir freuten uns jedenfalls sehr, nicht aufgegeben zu haben. Wir sind mit Sicherheit die Crew, die während des Rennens am besten gespeist hat (die Pizzen in Barhöft waren wirklich lecker, weil frisch zubereitet). Das Schiff mit Heiko, Dirk und den Ruppinern ist auf Platz 11 ins Ziel gelaufen. Am gleichen Tage abends erreichte uns eine neue Fock des Vercharterers, sodass wir am nächsten Tag zurück nach Damp segeln konnten. Das Schiff sollte Samstag früh zurückgegeben werden. Also früh los, bis Fehmarn als Anlieger, danach gegen den Wind. Ein Ladefehler der Batterie war die Ursache, dass der Motor nicht ansprang. Die Herausforderung in Hohe Düne unter Segeln abzulegen und in Damp unter Segeln anzulegen, gelang uns unter Skipper Lutz meisterlich. Wer chartert, hat etwas zu erzählen! Resümee: Es war eine besondere Veranstaltung, eine tolle Herausforderung, auch wenn wir die echte „Rund Bornholm“ nicht erlebten.

Im nächsten Jahr haben wir vielleicht wieder die Chance, den vollen „Rund-Bornholm“-Kurs zu absolvieren.

Nachtrag: Die nach unserer Tour dick anschwellende rechte Hand von Gerald stellte sich in der medizinischen Notversorgung als gebrochen heraus. Gute Besserung Gerald! Wir sehen uns auf dem Wasser …

Euer Christian